1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

29.8.1916 Zwei wichtige Ereignisse

/ / An der Somme 30.6.16-3.3.17

Zwei wichtige Ereignisse: Kriegserklärung Rumäniens. Ich werde auf eigenen Wunsch von der Schreibstubentätigkeit abgelöst.

Die Zeitungen verkünden die Kriegserklärung Rumäniens. Schon gestern wurden wir von französischen Flugzeugen durch Flugblätter davon unterrichtet. Aber, allein der Gedanke an eine solche Möglichkeit war zu schwer, um ihn ohne weiteres für bare Münze nehmen zu können.

Heute sehen wir es schwarz auf weiss. Wir müssen uns in das Unabänderliche fügen und hoffen, das unsere Oberste Heeresleitung auch für diese neuen Schufte – Feinde kann man schon bald nicht mehr sagen, denn man würde ihnen damit zu viel Ehre antun – eine gehörige Lektion in petto hat.

Das zweite Ereignis betrifft mich selbst und wird meine Zukunft grundlegend beeinflussen. Ein langgehegter Wunsch ist in Erfüllung gegangen: Ich bin von meinem bisherigen Posten auf der Schreibstube abgelöst worden und werde wieder am Frontdienst teilnehmen.

Viele werden meinen Entschluss nicht verstehen – doch, wenn man trotz angespanntester Tätigkeit zu Tages- und Nachtzeiten nur Undank und Missachtung ernten soll, so wirft man sein altes Leben gern hinter sich, auch wenn es seine guten Seiten hatte. Andererseits fühle ich mich viel zu jung, um nicht noch einmal mit den kampferprobten Kameraden mittun zu wollen.

Heute bin ich nur: “ Unteroffizier vom Dienst”. Der Fortgesetzte Aufenthalt in der frischen Luft und die geistige Ausspannung aber wirken bereits Wunder. Ein wohliges, ermüdendes Gefühl geht durch meinen Körper. Ich schlafe seit langem wieder einmal wie ein Prinz, obwohl ich mein Hausquartier mit dem Rasen unter dem Zelte vertauschen musste.

Das Wetter ist seit einigen Tagen regnerisch und trübe. Heute gab es ein gewaltiges Gewitter. Gleichzeitig setzte ein starker französischer Angriff in der Gegend von Cléry ein, der während des ganzen Tages durch heftiges Artilleriefeuer vorbereitet worden war, in unserem Sperrfeuer aber zerschellte.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 3.9.

  1. Hatte er jetzt einfach „Glück“ überlebt zu haben? Oder war er clever genug? Wahrscheinlich beides, oder?

    Ich bin gespannt, ob er sich in den kommenden Jahren einmal mit diesen Fragen beschäftigen wird.

    (Womit ich nicht kritisieren will, dass er nicht mehr in der Schreibstube sein wollte. Offenbar gab es Ärger und den Vorwurf, doch nicht „richtig“ mitzukämpfen.)

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  2. Mir ist gerade bewusst geworden, dass ich diesen Blog jetzt etwa zwei Jahre verfolge. Zwei Jahre, in denen viel Leben passiert ist. Aber auch zwei Jahre, in denen ich praktisch täglich zur Arbeit gefahren bin. Die Arbeit von Ernst Pauleit war in praktisch der gesamten Zeit der Krieg. Täglich Tote und Verwundete und täglich die mehr oder weniger unmittelbare Gefahr, selbst dazu zu gehören. Und was unser guter Ernst noch nicht weiß: Jetzt ist gerade mal ungefähr Halbzeit und das Schlimmste kommt – für die Deutschen – erst noch. Kaum vorstellbar!
    Und der zweite Weltkrieg dauerte dann gleich nochmal zwei Jahre länger und war auch für die Zivilbevölkerung abseits der Front noch spürbarer!
    Bitte niemals wieder!

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  3. Er ist Artillerist und kein Grenadier. Artillerie ist immer hinter der Front und hat ungleich größere Chancen zu überleben

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    • Die Feldartillerie wurde sehr wohl auch direkt in den vordersten Linien eingesetzt um im direkten Richten der Infanterie beizustehen.
      Der Fußartillerie, welcher Herr Pauleit angehörte, blieb dieses Los erspart.

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