1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

16.8.1918 Das Eiserne Kreuz I. Klasse

/ / Wieder in der Heimat - 26.3.-3.10.1918

Es nützt auch nichts, wenn ich mir noch einmal vergegenwärtige, in welch “feierlicher” Weise mir mein “Eisernes I.” Verliehen wurde.

Ich hatte eines Tages das Missgeschick, meine Urinflasche auf den Erdboden fallen zu lassen. Die Flasche ging in Scherben. Mich darüber in Arrest zu stecken, war bei meinem Zustand anscheinend nicht angebracht.

Aber 8 Tage später, da kriegte ich die Geschichte doch noch einmal aufs Butterbrot geschmiert – und zwar in Verbindung mit der Verleihung des Eisernen Kreuzes.

Der Sanitäts-Unteroffizier trat ganz unvermittelt mit folgender Ansprache an mein Bett heran:

“Epee”, sagte er, “Sie haben doch vor ein paar Wochen die Urinflasche kaputtgeschlagen — nun, wir wollen Ihnen das nicht weiter nachtragen — hier haben Sie auch das Eiserne Kreuz I. Klasse!”

Das eiserne Kreuz habe ich meinem Bataillons-Kommandeur zu verdanken. Obwohl wir beide – wie dies aus einigen kleinen Skizzen meines Tagebuches hervorgeht – nicht immer eines Sinnes waren, hatte er sich doch aus Anlass meiner Verwundung ohne Bedenken bewogen gefühlt, mich zu dieser hohen Auszeichnung einzugeben.

Ich muss dies zu seiner Ehrenrettung nachträglich erwähnen und ihm für die verschiedenen Misshelligkeiten, die ich ihm verursacht habe, an dieser Stelle – wenn auch ohne sein Wissen – Abbitte leisten.

Schade nur, dass ich selbst vor 10 Jahren so ein alter “Kommisskopp” war. Ich nahm das Kreuz an und freute mich sogar darüber.

Die äußeren Umstände der Überreichung aber waren – wie jedermann zugeben wird – mehr als abgeschmackt – ein Zeichen, wie geringschätzig man über den einfachen Soldaten dachte, wie man glaubte, dass er allezeit ohne Seele und Innenleben im großen Chorus mittrotte – nur als eine Nummer, vielleicht auch bloß als eine Null.

Menschen waren ja im Kriege so billig. Ein einziger Befehl genügte – und schon wurden die Lücken, die der tägliche Granatenhagel riss, wieder gefüllt.

Ein Pferd dagegen wog schon doppelt. Es wurde gehegt und gepflegt, als sollte es hundert Jahre alt werden.

Als Heiligtum dem allen gegenüber aber galt jeder “tote” Gegenstand. Er war am Ende des vierten Kriegsjahres unersetzlich. Ich sah es ja an der Urinflasche.

 

Der nächste und damit vorletzte Tagebucheintrag folgt am 16. September