1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

12.11.1914 Schwerer Sturm

/ / 11.10.1914 - 8.3.1915 In Französisch Flandern

Der Wasserguss aufs Nachtlager. Der feindliche Abendsegen ins Blaue. Wie wir abends nach Hause kommen.

Wir fürchteten erst, dass unser Häuschen infolge des schweren Sturmes in der Nacht über dem Kopfe zusammenbrechen würde. Der Wind konnte sich ungeniert unter dem zerschossenen Dache festsetzen. Der Zusammenbruch blieb jedoch aus. Dafür mussten unzählige Dachziegel dran glauben, und mitten in der Nacht bekamen wir außerdem einen kräftigen Wasserguss aufs Haupt, da sich der anhaltende Regen inzwischen einen Abfluss durch unsere Zimmerdecke gesucht hatte.

7:30 Uhr vormittags begebe ich mich zur Beobachtung. Sicht: ausgezeichnet.

2 Uhr nachmittags: Da uns die Stellung der Infanterie nach dem letzten Angriff noch nicht genau bekannt war, wurde am Vormittag nicht geschossen. Jetzt haben wir das Feuer auf einige Häuser bei Rouge Croix eröffnet. Nach 105 Schuss, die hoffentlich genügt haben, die Schwefelbande da drüben auszuräuchern, wird es wieder eingestellt.

Mit Eintritt der Dunkelheit kommt der übliche Abendsegen des Feindes, der hier die Gewohnheit hat, sämtliche von ihm schon einmal beschossenen Stellungen – selbst dann wenn sie längst verlassen sind – mit einigen Schüssen abzutasten. Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, wenn die seinerzeit von uns errichtete Scheinbatterie, die der Feind anscheinend für “ganz besonders gefährlich” hält, noch jeden Tag herhalten muss.

Für unsere Beobachtung fallen ebenfalls fast regelmäßig einige Streuschüsse ab, die eigentlich einer ehemals vor uns in Stellung befindlich gewesenen Feldartilleriebatterie gelten sollen. Auch das Gehöft hinter unserer Beobachtung, in dem früher einmal Geschütze gestanden haben, das jetzt aber nur noch tagsüber unseren Beobachtungswagen nebst Pferden und Fahrern als Unterkunft dient, kriegt seinen Senf ab.

Nachdem sich der Feind beruhigt hat, fahren wir – wie immer – von der Beobachtungsstelle zu den Quartieren zurück. Die Fahrt dauert im Trabe etwa 1 Stunde. Dabei geht es über Gräben und Granatlöcher, die in der Dunkelheit nicht zu sehen sind. Wir müssen uns krampfhaft an unserem ungepolsterten Karren festhalten, damit wir nicht unversehens neben der Fuhre sitzen.

Die Entfernung zwischen Feuerstellung und Quartier ist weit kürzer. Der Rückweg nimmt trotzdem die gleiche Zeit in Anspruch da die Geschützbedienung zu Fuß gehen muss.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 13.11.