Gewitter im Süden. Miserable Verpflegung. Wettgesänge.
Das in dieser Nacht aufsteigende Gewitter hat zwar ungeheuere elektrische Entladungen, aber keinen Regen gebracht. Unheimlich klang das Grollen, das sich in den Bergen tausendfach vervielfältigte. An Schlaf war dabei nicht zu denken.
Heut strahlt die Sonne schon am frühen Morgen wieder mit unvermindertem Glanze. Wir sehen mit Bangen dem Mittag entgegen; denn die Zeiten, in denen das Leben hier einigermaßen erträglich erscheint, liegen nur in den frühesten Morgenstunden und am späten Abend.
Während des Tages schleicht alles träge umher. Und ob wir uns auch gewaltsam aufraffen möchten – es ist, als wäre das Blut in den Adern dick geworden und fände den Weg nur mit Mühe zum Herzen zurück.
Zu dieser körperlichen Unbehaglichkeit tritt zurzeit leider noch ein anderes Übel. Unsere Verpflegung ist wieder einmal miserabel.
Infolge der Hitze und auch mit Rücksicht darauf, dass im ganzen Orte beim besten Willen nichts mehr zu haben ist, essen wir am Tage nur noch zweimal – des Morgens gegen 7 Uhr ein stück Kukuruts-, (Mais-) Brot mit Speck oder Marmelade und nachmittags gegen 3 oder 4 Uhr aus der Feldküche eine Fleischsuppe mit einigen wenigen Kartoffeln und Gemüse. Die Kunst unseres Küchenchefs ist zudem erst im Entstehen begriffen, so dass das Mittagsmahl oft nur eine dünne Brühe und das andere mal nur ein dicker Brei ist.
An der Front ist es heute verhältnismäßig ruhig.
Am Abend versammeln wir uns mit unseren ungarischen Brüdern vor unserem Lager und veranstalten Wettgesänge. Immer wieder begehrt und mit stürmischer Begeisterung aufgenommen werden die Lieder: “Deutschland, Deutschland über alles —, Heil dir, im Siegerkranz —, Die Wacht am Rhein—, Oh, Deutschland hoch in Ehren—“ und wie sie alle heißen.
Auch die Ungarn geben ihre bekanntesten Hymnen zum besten. Dass ich ihre Sprache nicht verstehe, nimmt mir von dem Genuss der oft sehr wild und feurig klingenden, dann wieder stark ins Schwermütige fallenden Melodien. Mitunter ist es mir sogar – ohne dass ich mir aber damit ein sachverständiges oder gar abfälliges Urteil erlauben möchte – als klänge in meinen Ohren immer nur das eine Wort: “Kilimandscharo, Kilomandscharo!”
Über unser Singen wird es 11 Uhr abends.
Mittlerweile hat an der Front wieder ein gewaltiger feindlicher Angriff eingesetzt. Gleichzeitig ist – wie gestern – ein Gewitter aufgezogen. Der Feuerschein der Geschütze und das Wetterleuchten machen einen glauben, als stände der ganze Himmel in Flammen. Gegen Mitternacht löst sich das Brausen und Toben in einen heftigen und ergiebigen Sturzregen auf.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 11.7.