1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

17.7.1916 Wir schwimmen im Fett

/ / An der Somme 30.6.16-3.3.17

Die gewaltigen Leistungen unserer Batterie. Ein Geschützrohr nach dem 7086. Schuss unbrauchbar. 2 Geschosse in einem Rohr !?! Die Geschützbedienung schwimmt im Fett.

Wetter: trübe und regnerisch. An der Front ziemliche Ruhe.

Eins unserer Geschütze ist vor 3 Tagen nach dem 7086ten Schuss unbrauchbar geworden. Das vordere Seelenrohr war durch die Überbeanspruchung der letzten Tage um 3/4 cm vorgerückt. Außerdem hatten die Ausbrennungen im Kartusch-Raum einen bedenklichen Umfang angenommen.

Wir schießen deshalb nur noch mit dem 2. Geschütz, das jetzt doppelte Arbeit leisten muss. Etwa 400 Schuss täglich sind Durchschnitt. Bei stärkerer Beanspruchung, die mehr als einmal notwendig geworden ist, war das Rohr zum Schluss oft so heiss, dass wir getrost den Kaffee darauf kochen konnten.

Was unsere Leute zurzeit leisten müssen, geht über menschliche Kraft. Zum Denken bleibt kaum Gelegenheit.

Kein Wunder, dass bei dieser Sachlage vor einigen Tagen in der Hitze des Gefechtes statt einem plötzlich zwei Geschosse im Rohr staken. Man hatte vergessen, nach Beendigung des Feuers, die Rohre freizumachen. Die Kartusche war zwar gewohnheitsmäßig herausgenommen worden, das Geschoss blieb jedoch drin.

Als unerwartet neuer Feuerbefehl kam, dachte niemand mehr an seine Existenz – und das zweite prallte mit heftigem Ruck auf das erste auf.

Welches Unheil dabei hätte entstehen können, weiss jedoch nur der Artillerist. Man bedenke, dass die Zünder beider Geschosse entsichert waren und dass bei jeder übergroßen Erschütterung eine Explosion im Rohr entstehen konnte, bei der von den Umstehenden nicht viel übrig geblieben wäre.

Was sollte man tun? Bei der Dringlichkeit der Lage vorn tat schnelles Handeln not.

Kurz entschlossen stieß schließlich ein Beherzter mit dem Hebebaum von vorn durch das Rohr – und siehe da, die beiden Geschosse rutschten seelenvergnügt hinten heraus, ohne zu zerplatzen. Im nu war das erste Geschoss wieder im Rohr, eine Kartusche hinterdrein – und schon ging der Krieg weiter.

Dem Geschützführer und der gesamten Bedienung sind bei allem aber die Schweiß- und Angsttropfen nur so heruntergelaufen und ich glaube, keiner von ihnen wird das Verlangen nach einer Wiederholung in sich tragen.

Es ist nur gut, dass wir bei dieser Kraftanstrengung zurzeit geradezu im Fett schwimmen. Die Peronner Hilfe kommt uns immer noch zustatten. Gute Butter, Büchsenschinken und Spargel, richtiger Bohnenkaffee, Liköre und dicke Zigarren sind an der Tagesordnung.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 19.7.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert