1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

Angriff auf den Mte. Sabotino, den St. Florian und den Görzer Brückenkopf. Cadorna kann nur bei schönem Wetter kämpfen.

Wecken: 7 Uhr. Wetter: herrlich.

Meine gestrigen Vermutungen haben sich leider allzu schnell erfüllt.

Mittags 1 Uhr beginnt plötzlich heftiges Artilleriefeuer auf den Mte. Sabotino, einem hinter Görz liegenden Berge von 620m Höhe, und teils auch auf den Görzer Brückenkopf.

Mitunter gleichen die Bergkuppen nur rauchenden Kratern. Es wogt und wallt und brodelt wie in der Hölle. Und die, die mitten darinnen sitzen, werden kein anderes Gefühl haben – wenn ihnen überhaupt noch Gelegenheit zum Fühlen und Denken bleibt.

Unsere Artillerie ist nicht müßig und erwidert das Feuer kräftig, besonders auf die feindlichen Stellungen des St. Florian.

9 Uhr abends. Am Brückenkopf war am Nachmittag lebhaftes Gewehrfeuer zu hören. Möglich darum, dass bereits Teilvorstöße unternommen, aber abgeschlagen wurden, so dass noch weitergetrommelt werden muss. Das Artilleriefeuer hält selbst nach Eintritt der Dunkelheit in unverminderter Stärke an.

Nach fast 3-monatiger Ruhe tut mir das altgewohnte Gepolter und Gerassel beinahe wohl, aber nicht etwa weil, sondern trotzdem ich im Augenblick das Kriegsschauspiel, in das ich ja jede Minute mit hineinverwickelt werden kann, nur von der Ferne sehe und erlebe.

Jetzt ist an die Stelle der Ungewissheit die Gewissheit getreten. Jetzt gilt es wieder zu handeln und zu zeigen, wer der Tüchtigere ist. Nach dem kläglichen Ergebnis der vielen hinter uns liegenden feindlichen Offensiven ist mir um den Ausgang auch des neuen Unternehmens nicht bange.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass der heutige Angriff tatsächlich schon früher beginnen sollte und sich nur um einige Tage verzögerte, weil – nach Cadornas Art – eine italienische Offensive nur bei schönem Wetter möglich ist. Der Spruch: “Bei schlechtem Wetter findet der Krieg im Saale statt!” ist also unseren Gegnern anscheinend noch nicht bekannt.

Unsere Batterie hat bereits stark mitgewirkt. In der Nacht muss neue Munition nach vorn geschafft werden, damit wir morgen nicht untätig zuzuschauen brauchen.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 19.10.