1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

2.6.1915 Weiterfahrt

/ / In der Champagne 27.3.15 – 30.6.15

Weiterfahrt 6,40 Uhr morgens. Ankunft in Leisnig 8 Uhr. — Ich bin daheim!

Klopfte mir schon beim Überschreiten der heimatlichen Grenze und auf der ganzen Fahrt durch deutsche Lande das Herze übermächtig, so ist es mir nach der langen Trennung jetzt bei Muttern, als sei ich dem Leben neugeschenkt worden. Und sie alle, die um dieses armselige Leben bangten, zittern vor innerer Erregung, betasten und befühlen mich von oben bis unten, ob ich es auch wirklich sei.

Ist es ein Wunder, dass dabei selbst der “rauhe Krieger” weich wird, dass mir und ihnen das Wasser aus den Augen schießt in überquellender Dankbarkeit gegenüber dem Schicksal, das bisher seine Hand so gnädig über mich hielt?

Unwillkürlich wandern meine Gedanken zurück – den Weg, den ich gekommen, bis zu meinen Kameraden an der Front, die noch vergeblich auf diese Offenbarung warten müssen. Auch sie schauen seit Monden sehnsüchtig gen Osten und harren des Tags, der ihnen das gleiche Glück bescheiden soll. — Haltet aus, ihr lieben Getreuen! Noch eine kurze Spanne Zeit, und Ihr werdet versinken in diese süße Seligkeit, die alle Leiden, alle Not, alle Entbehrungen dieses Krieges auslöscht und vergessen lässt.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 3.6.

  1. Manchmal ist er ja doch ganz schön schmalzig 🙂

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  2. Da brechen sich alle über Monate unterdrückte und aufgestaute Gefühle, Ängste und Hoffnungen, Sehnsucht und Patriotismus, mit einem Schlag Bahn. Eine pathetische, aber sehr verständliche Reaktion.

    Nach so vielen Frontmonaten EINE Woche Heimaturlaub, einschl. der langen Hin- und Rückfahrt, finde ich extrem hart. Steckte Kalkül dahinter, dass die Soldaten sich gar nicht erst wieder heimisch fühlen sollten (und vielleicht den Wahnsinn nicht mehr mitmachen wollten), bevor es an die Front zurück geht?

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    • Ich denke nach all der Zeit der Entbehrungen und Ängste, ist es schwer ins alte Leben zurückzukehren. Von den drei Absätzen, ist ein Absatz alleine, seinen Kameraden an der Front gewidmet. Ich bin sehr auf morgen gespannt, was er für Eindrücke von der Heimat hat. Und was er dazu denkt… 🙂
      Ich muss hier an Erich Maria Remarque denken, als Paul Bäumer Heimaturlaub bekommt und doch nie in der Heimat ankommt. Weil er niemanden mehr so recht versteht und ihn auch keiner versteht.

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      • Eine sehr gute und gelungene Referenz… Remarque hat diese Augenblicke wunderbar in aller ‚Schrecklichkeit‘ beschrieben.

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  3. A.B.: „…den Wahnsinn nicht mehr mitmachen …“ Das Volk wurde nicht verführt. Es hat den Wahnsinn 1914 bis 1918 und von 1933 bis 1945 bewusst und gewollt mitgemacht, erst mit Hurra und dann mit Heil. Am Ende allerdings war keiner dabei. Aber es gab damals halt nicht so viele gute Menschen wie heute…

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    • Krieg ist – damals wie heute – immer Wahnsinn, nicht nur, wenn die Menschen verführt und aufgewiegelt wurden. In diesem Sinne war es gemeint.

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