1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

21.11.1914 Das ideale Heim der Höhlenbewohner

/ / 11.10.1914 - 8.3.1915 In Französisch Flandern

Das ideale Heim der Urwald- und Höhlenbewohner. Ein Nachtrag über den Marne-Rückzug.

Das Thermometer ist auf 6 Grad unter Null gesunken. Die paar Decken, die uns auf unserem Strohlager des Nachts zum eindrehen zur Verfügung stehen, schützen nur wenig. Unter diesen Umständen können wir jetzt beim Schlaf unsere Kleidung nicht mehr vom Leibe ziehen.

In der Batterie ist inzwischen zum Schutze gegen die Kälte ein wunderschöner Unterstand errichtet worden, der groß und geräumig, 2m tief und ringsum mit Stroh verkleidet, mindestens für 10 Mann ausreicht. Ein kleines Öfchen in der Ecke sorgt für Wärme. — Das ideale Heim eines Urwald- und Höhlenbewohners!

Auf der Beobachtung wollen wir nicht nachstehen. Sei 10 Uhr morgens werfen wir mit 5 Mann ebenfalls ein Loch aus. 1 Uhr mittagssind wir glücklich fertig – doch welch’ traurige Nachricht erreicht uns da? Wir sollen Stellungswechsel nach rechts machen, um eine dort herauszuziehende 15cm-Batterie zu ersetzen.

Alle Mühe – hier wie da – war also vergebens. Selbst unsere Quartiere müssen wir verlassen.

Ehe wir einrücken, habe ich Gelegenheit, ein Gespräch unserer Offiziere mitanzuhören, das den Rückzug an der Marne betrifft, der seinerzeit in der Nacht vom 12. zum 13.9. Seinen Höhepunkt erreichte.

Wohl wusste ich schon damals, dass uns die Franzosen stark auf der Pelle saßen. Heute erfahre ich nun, dass unser Aufbruch in der Nacht, mitten im strömenden Regen, plötzlich so dringend wurde, dass selbst unser Divisionsstab aus der Fassung geriet und alles, was in Cormicy diese schreckliche regnerische Nacht verbrachte, zum Weitermarsch – ganz ohne Rücksicht auf eine Marschordnung und Richtung – aufforderte. Es hieß: “Retter sich wer kann – sauve qui peut!”

Wäre der Feind nur ein wenig besser über unsere wirkliche Lage unterrichtet gewesen und hätte er seine Verfolgung beschleunigt, so wäre von der ganzen 13. und 14. Division, also vom VII. Armeekorps nicht viel mehr übrig geblieben und wir säßen heute vielleicht schon längst in Paris — als “tapfere” Kriegsgefangene.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 22.11.

  1. Hier der Link zur Ausstellung im DHM, die noch diesen Monat geöffnet ist: http://www.dhm.de/ausstellungen/der-erste-weltkrieg.html
    Darin auch zu sehen die im Blog erwähnten Metallpfeile, in der Tat einfach eine Art größere Nägel, die von Flugzeugen abgeworfen wurden. Auch der Minenwerfer, der vor kurzem erwähnt wurde. Die Ausstellung geht aber natürlich weit über Waffenschau hinaus und ist wirklich empfehlenswert.

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