1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

25.7.1915 Flüchtlinge aus Görz.

/ / Am Isonzo 1.7.1915-31.3.1916

Das Lager schwimmt. Zahlreiche Flüchtlinge aus Görz.

Sonntag. Erst in der Frühe, gegen 5 Uhr, hört der Regen auf. Wir erheben uns, denn in völlig durchnässten Kleidern macht das Schlafen keinen Spaß mehr. Diesmal ist uns die Sonne ausnahmsweise willkommen, und – da sie uns nicht im Stich lässt – ist der Schaden bald geheilt.

Am Nachmittag aber geht es schon wieder los; Gewitter scheinen jetzt an der Tagesordnung zu sein. Unsere Zelte sind inzwischen besser abgedichtet worden. Allen Gewalten zum Trotz bleiben wir trocken.

Unser Lager liegt wiederum an der Hauptstraße und lässt uns das ganze lebhafte Straßengetriebe überschauen.

Neben den üblichen endlosen Kolonnen fallen mir heute besonders die zahlreichen Flüchtlinge besserer Herkunft auf. Sie kommen von Görz, das in den letzten Tagen lebhafter beschossen wird.

Blutenden Herzens mussten sie ihr Hab und Gut, das sie über manchen Sturm hinweg treulich behütet hatten, nun doch noch im Stich lassen. Jetzt sind sie arm und heimatlos und wagen den Kopf nicht mehr aufzurichten.

Und Ihr im deutschen Lande wollt schon murren, weil Brot und Butter knapper werden? Kommt her und besehet Euch diesen Jammer – Ihr werdet Euch bald bescheiden lernen!

Am Abend ist’s wieder schön. Der Himmel ist blau und klar. Ein Glas deutsches Bier verjagt allen Kummer. Um 9 Uhr liege ich im Zelt.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 26.7.

  1. Gruß nun mittlerweile aus Indien… Dies ist hier ein sehr lesenswertes Projekt. Danke!!

    „Und Ihr im deutschen Lande wollt schon murren, weil Brot und Butter knapper werden? Kommt her und besehet Euch diesen Jammer – Ihr werdet Euch bald bescheiden lernen!“

    Ist das schon eine Ahnung was kommt?

    Gruß

    Thomas

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    • Der Satz – obwohl vor 100 Jahren geschrieben – bringt einen nah an die heutige Realität der Flüchtlinge in unserem reich mit Brot und Butter gesegneten Land.

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  2. Ja daas ist echt unheimlich was er da schreibt …

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