1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

27.11.1914 Ein Streifzug nach unserer Beobachtung

/ / 11.10.1914 - 8.3.1915 In Französisch Flandern

Ein Streifzug nach unserer Beobachtung – wegen einer geplatzten Fensterscheibe.

Ein nachts gegen 1 Uhr unternommener starker feindlicher Angriff ist zurückgeschlagen worden.

Ich besetzte 8 Uhr vormittags den Divisions-Fernsprechapparat und werde, ohne dass sich etwas besonderes ereignet hat, 2 Uhr mittags abgelöst.

Beim Schießen unserer Batterie sind mehrere Fensterscheiben des Quartiers geplatzt. Nachdem ich mein Mittagessen verdrückt habe, gehe ich auf die Suche nach neuen und gelange bei meinem Streifzuge durch die verlassenen Gehöfte unversehens bis hin zu unserer Beobachtung in Le Maisnil. Sie befindet sich in einem großen Gutshofe. Die Fernsprecher sitzen in einem der wenigen noch unbeschädigten Zimmer am warmen Ofen, während das Scherenfernrohr etwa 7m über der Erde hinter einem übrig gebliebenen freistehenden Giebel einer Scheune angebracht ist und von hier aus nur durch eine kleine runde Fensteröffnung Einblick in die feindlichen Linien gewährt.

Unsere Schützengräben liegen etwa 1000m vor der Beobachtung. Der Feind hat sich ihnen gegenüber bis auf 100m herangearbeitet. Da ist es kein Wunder, dass einem die feindlichen Gewehrkugeln hier zu jeder Minute und Stunde um die Ohren pfeifen und niemand sich hinter dem schützenden Mauerwerk hervorwagen kann.

Gegen halb 5 Uhr nachmittags kehre ich zur Batterie zurück. Der Weg bis dahin beträgt eine gute halbe Stunde. Schließlich gelingt es mir auch noch, eine einzige Fensterscheibe aufzutreiben, so dass mein “Geländeritt” nicht ganz nutzlos war.

Im Quartier herrscht großes Durcheinander. Bisher hatten wir durchwegs Nordwind, da brannte unser Ofen gut. Heute treibt ein warmer Südwind den Qualm in die Bude. Er lässt erst nach, nachdem der Ofen in die andere Ecke des Raumes geschafft und an einen anderen Schornstein angeschlossen wird. — Hoffentlich brauchen wir bei weiterem Windwechsel dieses Experiment nicht jedes Mal zu wiederholen!

Abendessen, Kartenspiel, Schlafen – wie immer.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 28.11.

  1. Kann mir nicht helfen, aber irgendwie ist unser Protagonist schon ein REMF. Die sind bei der kämpfenden Truppe eher nicht so beliebt ;-).

    Trotzdem ein witziger und sympathischer Typ, und ansonsten hätte er wohl auch nicht die vier Jahre durchgestanden, um uns via seiner Tagebücher zu berichten.

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  2. REMF soll laut google wohl so etwas wie Etappenhengst heißen. Die Kommunikation mit der Jugend wird immer schwieriger! 😉
    Und ja, als Artilleriest ist man zwangsläufig ein gutes Stück hinter der Frontlinie aber als ungutes Exemplare dieser Gattung kommt mir unser Protagonist nicht vor.

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