1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

28.4.1915 Das Ergebnis des gestrigen Kampfes

/ / In der Champagne 27.3.15 – 30.6.15

Das Ergebnis des gestrigen Kampfes. Die Franzosen drohen mit aufgepflanzten Bajonetten. Trotzdem ein Schlag ins Wasser.

Nachts 2 Uhr werde ich, nachdem sich zuvor alles beruhigt hat, durch erneuten heftigen Kanonendonner auf der ganzen Linie aus dem Halbschlummer gerissen. Anscheinend können die Franzosen noch immer nicht ihren Verlust verschmerzen.

3 Uhr nachmittags: Soeben wird das Ergebnis unseres gestrigen Angriffes durch die Brigade bekannt gegeben: Wir erbeuteten 13 Minenwerfer und 4 Maschinengewehre und machten mehrere Gefangene. Die Franzosen erlitten außerdem große Verluste an Verwundeten und Toten. In einem Unterstande fand man über 100 Tote von einem einzigen Regiment.

Unsere Verluste waren demgegenüber nur gering. Die Batterie beteiligte sich an der Unterstützung und Abwehr der Angriffe mit 191 Schuss.

Die feindlichen Gegenangriffe gestern Abend und während der Nacht konnten erfolgreich zurückgeschlagen werden. Jetzt beobachtet man die Heranziehung starker feindlicher Infanterie-Reserven.

Die Franzosen zeigen in ihren Gräben sogar aufgepflanzte Bajonette — doch “bange machen” gilt nicht. Wir bleiben trotzdem in äußerster Alarmbereitschaft und die Geschütze sämtlicher Artillerieformationen stehen fertig eingerichtet zum Schuss.

8:45 Uhr abends steigen beim Feind zwei grüne Leuchtkugeln hoch. Zeichen zum Sturm.

Die Franzosen haben sich aber gründlich verrechnet. Auch unsere gesamte Artillerie nimmt das Sturmzeichen auf und setzt wie mit einem Schlage ihr Sperrfeuer in Bewegung. Der Gegenangriff wird mit großen feindlichen Verlusten zurückgeschlagen.

Eine Stunde später lebt das Feuer erneut auf. Die Franzosen wagen einen zweiten Angriff. Auch dieser scheitert, wie ein dritter gegen 4 Uhr Morgens mit schweren Verlusten durch den Feind.

Wo bleiben nun die drohenden Bajonette?

Unsere Truppen haben diesmal, wie das gar nicht ausbleiben konnte, teilweise ebenfalls schwer gelitten. Die Hauptsache ist aber, dass wir noch immer Herr der äußerst wichtigen Stellung sind. Unsere Batterie verschoss heute 91 Granaten.

Die am 25.4. verzeichneten feindlichen Angriffe im linken Nebenabschnitt nördlich von Beauséjour sind von uns – wie ich heute aus der Zeitung ersehe – gleichfalls abgeschlagen worden.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 29.4.

  1. In meinen Augen, ein beachtlicher Wandel in den Darstellungen im Tagebuch, vergleicht man die letzten Einträge mit jenen aus Dezember oder Januar.
    Aus unserer Sicht, kann man nur mit dem Kopf schütteln ob des total veralteten Vorgehens in diesem mechanisierten Krieg: Rüsten zum Bajonett-Angriff gegen Schützengräben, Minen, Granaten und Maschinengewehre. Das macht den „Wahnsinn“ eigentlich noch deutlicher—

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  2. Ich bin auch ein Leser von Anfang an. Ich bin fasziniert und berührt, als Heutiger sozusagen einen unmittelbaren Blick auf das Erleben des Ersten Weltkriegs werfen zu können. Wie die Erfahrungen das Bewusstsein des Schreibers so ganz allmählich zu verändern beginnen, das war ja schon zu bemerken.
    Einen kleinen visuellen Eindruck, wie das bei der Artillerie damals so war, kann man in einer Wochenschau vom April 1915 bekommen, siehe http://blog.europeana.eu/2015/04/yesterdays-news-how-newsreels-told-the-story-of-the-first-world-war/ Zwar ist das alles natürlich gestellt und es wird möglicherweise Feldartillerie statt der wohl schwereren Fußartillerie gezeigt, aber trotzdem gibt das einen ergänzenden Eindruck.
    Der Bericht über die Zeit in der Champagne ist für mich besonders interessant, denn dort war 1915 auch mein Großvater eingesetzt, er war Unteroffizier in einem Landwehrregiment und hat vermutlich die gleichen Schlachten mitgemacht wie Ernst Pauleit. Glücklicherweise ist er heil aus dem Krieg nach Hause gekommen. Von ihm habe ich ein paar Albumseiten mit Fotos und einigen Kommentaren dazu.

    Allen Beteiligten an diesem Projekt meinen herzlichen Dank, eine großartige Sache, von der ich sehr hoffe, daßsie wirklich über 4 Jahre durchgehalten werden wird. Ich drücke die Daumen!

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  3. Taktik und Kartenmaterial

    I Taktik
    „ Von Perthes nach Maisons de Champagne läuft ein Höhenweg, der über den Kamm einer .. Hügelkette. … nördlich davon weitere beherrschende Hügelreihen ….
    Hinter diesen liegt dann die Bahnlinie Reims – Verdun, deren Erreichung für die Franzosen ein sehr begehrenswertes Ziel sein muß.“
    Quelle/ Link: http://www.stahlgewitter.com/15_03_13.htm

    II Kartenmaterial zu Beauséjour:
    Link: http://chtimiste.com/batailles1418/1915champagne_fichiers/image001.jpg

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